Nach der erfolgreichen Immunisierung meiner Person, machte ich mich daran, Kho Chang in Richtung Kambodscha zu verlassen. Auf dem Taxi zur Faehre traf ich Joe, einen Irlaender, 43 Jahre alt, weit bereist mit seinem Laptop in der Hand. Wir entschlossen uns, dem Tip seines Lonely Planets zu folgen und in POP's Guesthouse abzusteigen um ein phaenomenales Argentinien Spiel zu erleben. Indeed!
Am naechsten morgen wieder in den Bus, ab zur Grenze. Es wurde Ernst. An der Grenze uebergab ich mein Schicksal in die Haende eines VISA-Organisators, der daran hoechstwahrscheinlich gut verdient hat. Allerdings hoerte ich auch Geruechte, dass die Grenzposten 10 Dollar Bestechungseld nicht unaufgeschlossen gegenueber stehen und bevor ich mit meiner deutschen Auffassung von Rechtsprechung daherkomme ist mir sein Angebot doch ploetzlich willkommen.
Allerdings sagte man mir, dass ich nach der Grenze noch 15 km bis zum Anschlussbus zuruecklegen muss und dies nicht im Preis inkl.war. Waer ja auch kein Ding, nur die 25 Kilo meines Rucksackes, meine Person, und die Fahrt an sich in beginnenden stroemenden Regen auf einem 100 cc Roller war meiner Meinung eher suboptimal gestaltet. Klitschnass (und nach einigen wertvollen Informationen, dass Geldautomaten in Kambodscha am Wochenende nicht arbeiten und es sowieso fast keine hier gebe und ich doch besser hier am Strassenrand mein Geld wechseln solle) betrat ich also mehr oder minder zufrieden den Bus und wartete gespannt auf die 4 stuendige Weiterfahrt.
Der VIP-Bus rumpelte los, ich erfror fast und es kam mir wie eine Ewigkeit vor. Millionen von Schlagloechern, ein Bus der den Berg im Schneckentempo hochfaehrt, im Bus wieder asientypische Khmer-Musik mit karaokefaehigen Untertiteln. Draussen rote Strassen, ziemlich staubig wenns mal nicht regnet, Der Bus zieht vorbei an Gemuesebeeten, grossen Bananenstauden, dazwischen versteckte Holzhauser auf Pfaehlen. Kinder plaerren, Gockel rennen, Schweinchen grunzen, Menschen sitzen zusammen und geniessen kleine Koestlichkeiten. Kein wirklich grosser Unterschied zu Thailand. Dachte ich.
Nach 3 Tagen hier erscheint die Sache doch etwas anders: Kambodscha ist viel weniger touristisch entwickelt als Thailand. Die Infrastruktur ist mehr als einfach, die entwickelten englischen Sprachkenntnisse eher mangelhaft, ich beobachtete Polizisten die in 10 Minuten 10 Dollar verdienten, ohne jeglichen Papieraufwand einfach eine Kreuzung besetzt und die dicken Schlitten abgefettet. ARAM, ein Slowake der eine Bar in Shihanoukville besitzt, erzaehlte mir grausige Geschichten auf deutsch. Fuer 1000 Dollar koennte man hier wohl jemanden um die Ecke bringen. Gut. Ich muss nicht alles glauben. Ich jedenfalls lernte am ersten Abend (Deutschland-Serbien) einen 49-jaehrigen Australier kennen, Andy McDonald, eine Frisur wie Crusty der Clown (oder aber auch Ronald McDonald), ein ziemlich hagerer aber lustiger Typ. Er war schon x-Mal in Kambodscha und ich denke wir sehen uns in down under wieder, wir hatten eine echt gute Zeit miteinander in Shihanoukville.
Dennoch: Ich bin ueberwaeltigt von Kambodscha. Die zurueckgebliebene Entwicklung des Landes, schreckt doch noch einige Touristen ab. Thailand empfinde ich nun mehr als ueberladen. Die Geschichte des Landes ist einfach ergreifend. Unser grosser Bruder USA spielte auch hier wiedermal eine tragende Rolle fuer den desolaten Zustand eines Landes. Nach der Unabhaengigkeit von Frankreich (1953) duempelt Kambodscha so vor sich hin. Ende der 60er Jahre beschliessen Nixon und sein geliebter Sicherheitsberater Kissinger (der spaeter den Friedensnobelpreis erhielt) 8 Mrd. Dollar in das Land zu investieren. In Form von 540.000 Tonnen Bomben die B52 Bomber im Grenzgebiet zu Vietnam ablegen um den den Vietcong die Nachschubbasen wegzublasen. Die machten munter weiter, dafuer kamen Hunderttausende Kambodschaner fuer die sogenannte Friedensmission der USA ums Leben.
Im Maerz 1970 stuerzt General Lon Nol mir Hilfe des CIA den kambodschanischen Koenig Sihanouk der ins Exil nach Peking geht. Nun beginnt der Buergerkrieg. Die Bauern unter der Fuehrung der Roten Khmer, trainiert, brainwashed und bewaffnet von Rotchina – gegen die Armee von Lon Nol, bezahlt, gegaengelt und ausgeruestet von den Amis. Lon Nol, ultra grausam und gierig verliert, flieht und wird von Kissinger in den USA begruesst. Am 17.4.1975 marschieren die Roten Khmer in der Hauptstadt Phnom Penh ein. Knapp 4 Jahre Schreckensherrschaft nehmen ihren Lauf.
Die „Bourgeoisie“ wurde „abgeschafft“, und um ein „Bourgeois“ zu sein, reichte es oft, lesen oder eine Fremdsprache (vor allem Französisch) sprechen zu können.
Wer im Verdacht stand, mit Ausländern zu kollaborieren, wurde mit Ehegatten und Kindern getötet. Nicht nur Pol Pot und die Roten Khmer machten Vietnamesen und andere Ausländer für die Notlage Kambodschas verantwortlich. Die Vietnamesen waren nicht nur unbeliebt, weil sie den Krieg mit nach Kambodscha getragen hatten, sondern auch weil sie – von den Franzosen zur Zeit des kolonialen Französisch-Indochina für Verwaltungsaufgaben ins Land geholt – für viele ein Symbol für die Fremdbestimmung des Landes darstellten.
Viele verhungerten da grosse Ernten nach China verkauft wurden um im Gegenzug wieder Waffen zu erhalten. Kinder wurden erschossen weil sie eine Hand voll Reis stahlen. Die meisten Todesschaetzungen bewegen sich zwischen 1,4 Millionen und 2,2 Millionen, wobei als Todesursache zur einen Hälfte Exekutionen (durch Erschießen, Erschlagen, Köpfen mit Feldhacken und Ersticken mittels Plastiktüten; Kleinkinder wurden an Bäumen zerschmettert) und zur anderen Hälfte Tod durch Nahrungsmangel und Krankheiten angenommen wird.
Die Kambodschaner brachten sich somit selber um. Noch heute scheint man Angst in den Augen der Khmer zu entdecken. Wenn man sie anschaut, wird man unglaublich schuechterne Gegenblicke ernten. Das beruehrt mich. In Phnom Penh werde ich in 2 Tagen aufschlagen, nun gilt es Angkor Wat zu erfahren. Eventuell werde ich meine Plaene aendern, Malaysia auslassen und weitere 14 Tage in Kambodscha verbringen.
Viele Gruesse aus Siem Reap.
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1 Kommentar:
Mein lieber Freund,
Ich freue mich immer wieder, deine höchst interessante Kommentare zu lesen. In den wenigen Wochen scheinst du einiges durchgemacht zu haben und auch neue Einblicke gewonnen zu haben.
Hier in Berlin ist alles beim Alten. Keine Aufstände, nur ein neuer Bundespräsident.
Wobei, bei mir gibt es eine Neuigkeit, über die ich dir gerne berichten möchte. Mein Bruder und ich haben beschlossen, unseren Laden zu verkaufen. Einige lukrative Angebote stehen schon, aber wir warten noch ab. Nach dem Verkauf geht's nach Thailand. Es gibt hier ausser meiner Tochter nichts was mich hält. Und der Plan, den wir mal gemeinsam hatten wird in die Tat umgesetzt.
Ein Haus habe ich auch schon gefunden und wenn alles klappt, hoffe ich, bald da zu sein.
Du wirst sicher in Australien sein, aber dann hast du in Thailand eine weitere offene Tür.
Ansonsten hoffe ich, dass es dir bei deinen weiten Strecken gut geht.
Halt uns fleissig auf dem Laufenden und pass gut auf dich auf.
Ich hoffe bis bald in Thailand...
Liebe Grüße
Baris
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